Ailingen im Linzgau

Zwei urkundliche Ersterwähnungen

Joachim Frick |

Karl der Große bleibt ein chronologischer Fixstern, besonders seit den Feierlichkeiten rund um das Karlsjahr 2014, aber auch für die Feierlichkeiten des Ailinger Ortsjubiläums, denn es sind nach 1250 Jahren immer noch seine Regierungsjahre, die den Herausgeber der St. Galler Urkunden und den Ailinger Ortschaftsrat in Bedrängnis bringen und die Wogen hoch gehen lassen.

Dr. Peter Erhart, Leiter des Stiftsarchiv St.Gallen, referierte am vergangenen Dienstag im gut besetzten Nikolaussaal des Gemeindehauses Berg und kam schnell zum springenden Punkt. "Die Ursache der 1200-Jahr-Feier der Gemeinde Ailingen in diesem Jahr ist eine Urkunde, die am 20. März 771 in Ailingen ausgestellt wurde." So war in der Festschrift "1200 Jahre Ailingen" aus dem Jahr 1971 zu lesen.

Dass sich in der Zwischenzeit die Bearbeiter der St.Galler Urkunden für das "Chartularium Sangallense" entschlossen haben, sämtliche Datierungen nach den Regierungsjahren Karls des Großen nicht in die Zeit Karlmanns, sondern in die Zeit nach dessen Tod 771 zu setzen, fällt demnach das in der Ailinger Urkunde genannte dritte Jahr der Regierung Karls wohl eher ins Jahr 774 und nicht mehr ins Jahr 771. "Ich also" "Hartker clericus habe im dritten Regierungsjahr des Frankenkönigs Karl geschrieben und unterschrieben". Hartker datierte als einer der ersten Urkundenschreiber des Bodenseeraums seine Urkunden also nach Karl dem Großen.

Soweit zur Chronologie der Urkunde, deren Unsicherheiten es für Jubiläumsfeierlichkeiten nicht gerade einfacher machen.

Der Inhalt der Urkunde, ein vom Schaf hergestelltes Pergamentblatt, lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Der Priester Hymmo, Sohn des verstorbenen Deotpert, übertrug dem Kloster St.Gallen seinen Besitz im Linzgau, genauer gesagt in Ailingen, dessen Schriftbild noch unterschiedliche Varianten produzierte, wie jene der villa Ailingas oder Helingas, die sich beide eindeutig mit Ailingen identifizieren lassen.

Der Linzgau wird in der Ailinger Urkunde erstmals schriftlich genannt. Als weitere Zentralorte neben Ailingen werden Fischbach 760-768, Bermatingen 779, Oberteuringen 786/89, Schnetzenhausen 809, Kluftern 813/14 und Manzell 816 urkundlich dieser Landschaft zugewiesen.

Eine zweite Urkunde, gar ein Königsdiplom, erstellte 875 König Ludwig der Deutsche, indem er dem Kleriker Baldinc für seine treuen Dienste im Herzogtum Alemannien, im Linzgau, genauer gesagt in Ailingen, zwei Mansen und einen halben kleinen Hof übertrug. Als die Anzahl der Urkunden aus dem Bodenseeumland im Archiv St. Gallen immer mehr wurden, entschloss man sich deshalb zur Einrichtung einer lokalen Registratur, der wir vermutlich das Überleben der Urkunden zu verdanken haben, berichtete ein sichtlich bewegter Archivar, dessen Vortrag mit großem Beifall honoriert wurde.