Das Mittelalter

Das Mittelalter - grotesk und fantastisch

Joachim Frick |

Frau Dr. Müller-Schnepper führte die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer der Gesellschaft für Geschichte und Heimatpflege Ailingen-Berg, die am letzten Dienstagabend ins Museum nach Ittenhausen gekommen sind, mit ihrem Vortrag ins Mittelalter, der Zeit zwischen Karl dem Großen und der Reformation. Eingangs versuchte sie das Adjektiv grotesk, das für wunderlich oder seltsam steht, in Einklang mit dem „Finsteren Mittelalter“ zu bringen, wobei grotesk eher zutreffen kann, aber finster wie gerne gesagt wird, war das Mittelalter nicht. Wie wurde aber das Mittelalter aus damaliger Sicht dargestellt, ohne den Klischees von Adel und Rittertum?

Die meisten Menschen aus dem einfachen Bauernvolk konnten damals nicht lesen und schreiben. Diese Privilegien galten für die Herrschaft, den Adel und die Klöster. Das Leben war vom Glauben bestimmt. Die Kirche prägte die Wertvorstellungen der Menschen und bestimmte umfassend über das Leben der Bevölkerung. Der Glauben und die Ausübung religiöser Rituale nahmen einen festen Platz im Alltagsleben der Menschen des Mittelalters ein. Die Kirche war Mittelpunkt. Die prunkvollen Darstellungen, Abbildungen und Wandmalereien in ihrem Inneren waren die „Abbildung des Himmels“. Außen blieb das Böse in Form von furchterregenden tierischen Darstellungen, Drachen und Teufeln, z.B. bei Wasserspeiern an den Giebeln. So beschrieben in der Apokalypse des Johannes: „Mauern aus Edelsteinen“.

In ihren Ausführungen erwähnte Frau Müller-Schnepper auch Hildegard von Bingen, geb. 1098, die mit dem Wolf, Löwen und Bären, Tiere als Visionen von Furcht, Strafe und Drangsal sah. Auch Tizian, geb. 1490, bekannter Künstler der venezianischen Malerei, offenbarte in seiner „Allegorie der Weisheit“ Raubtiere als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Weitere Darstellungen aus dem Mittelalter finden wir in antiken Gemmen aus der Zeit der Kreuzzüge, oder an den Misericordi, den kleinen Stützbrettern an Chorgestühlen, an denen Verzierungen und Schnitzereien angebracht waren, sowie in Rosetten und Ornamenten, Motiven auf Teppichen und in der Mode. Frau Müller-Schnepper schilderte auch Abbildungen zoomorpher Gestalten, tanzenden Puten, Figuren mit Mehrfachgesichtern oder Bildnisse von Kopffüßlern, die durchaus groteske Formen aufwiesen.

Ihr interessantes und kurzweiliges Referat gab allen Zuhörern neue, nachdenkliche Erkenntnisse über das Mittelalter, und wurde mit herzlichem Applaus honoriert.